Neuigkeiten: 2018 – „Hoywoy reloaded“ 750 Jahre Hoyerswerda

Jahresprojekt Kulturfabrik Hoyerswerda e.V.

Ausgangspunkt
Hoyerswerda und seine Bürger feiern im Jahr 2018 ganzjährig die urkundliche Ersterwähnung ihrer Stadt vor 750 Jahren. Die Kufa möchte sich mit eigenen Beiträgen dazu verhalten.

Idee
Grundidee des Jahresprojektes der Kufa war es, wichtige historische Momente der Stadtgeschichte vorwiegend mit den Mitteln der Kunst (Theater, Musik, Film, Tanz, Fotografie) sowie aus der Perspektive der Bürger und Bürgergruppen von Hoyerswerda zu thematisieren und darzustellen. Das Jahresprojekt orientierte sich an neun historischen Bausteinen (Zeitepochen/Wendepunkten), die wir mit verschiedenen Genres und künstlerischen Methoden gestalteten: Satire, romantische Tragödie, dokumentarisches Polit-/Tanz-Theater, Foto-Ausstellungen, Kultur-Spaziergängen, Kunst-Installationen u.a.
Der Stadtraum von Hoyerswerda wurde dabei  ein ganzes Jahr lang zum Bühnen- und Präsentationsraum der Stadtgeschichts-Bausteine: Hoywoy reloaded!

Erstmals hat sich unser Verein intensiv mit der Stadtgeschichte beschäftig. Er hat sich auf eine Zeitreise begeben und mit historischen Ereignissen beschäftigt, die bisher kaum eine Rolle in unserer Arbeit gespielt hatten.
In 9 Themenbereiche gab es insgesamt 32 Einzelbausteine die wiederrum mit ca. 65 Veranstaltungen zum Leben erweckt wurden. Durch viele partizipative Ansätze ist es uns gelungen die Hoyerswerdaer Bürger direkt in die Projektbausteine aktiv mit einzubeziehen (Eine Stadt tanzt, Brückenschlag, filmischer Stadtspaziergang, 100 % – Menschen dieser Stadt, Hoyerswerdaer Platte…). Insgesamt wirkten am Projekt in den 66 Einzelveranstaltungen ca. 490 Personen mit (ehrenamtlich, Honorarkräfte, Mitarbeiter des Vereines), dazu kamen ca. 200 Kinder beim Wappenwettbewerb.
An den Angeboten nahmen ca. 4.100 Besucher teil (zuzüglich der 3.000 Besucher des Straßentheaterfestes mit dem Mittelalterkinderfest). Als generationsübergreifendes Angebot angelegt, waren die Veranstaltungen dementsprechend von alle Altersgruppen besucht.
Dazu beigetragen hat neben dem großen ehrenamtlichen Engagement der Vereinsmitglieder des Vereines Kulturfabrik Hoyerswerda e.V. auch die Kooperation mit zahlreichen Partnern wie dem Kunstverein, der Musikschule Bischof, dem Lausitzcenter, dem Traditionsverein Glück Auf, dem Citymanagement Hoyerswerda und anderen mehr.

Als nachhaltige Ergebnisse liegen, neben einem umfangreichen Pressespiegel, u.a. folgende Produkte vor:

  • Faltblatt „Spur der Steine“
  • CD “Hoyerswerdaer Platte“
  • DVD „Eine Stadt tanzt: Manifest“
  • Unterrichtsmaterial zu Sorben und Nationalsozialismus am Beispiel des Kurzfilmes „Zmij“
  • Informationsbroschüre: Bürgerzentrum Braugasse 1 – Betreiber Kulturfabrik e.V.
  • Wanderausstellung „100 % – Menschen unserer Stadt“

„Hoywoy reloaded“ war ein Projekt, welches sich mit der Vergangenheit der Stadt kreativ auseinandersetzte und mit den qualitativ starken Ergebnissen auch optimistisch in die Zukunft blickte.

Wir bedanken uns insbesondere für die freundliche Unterstützung des Projektes bei:
Der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Fonds Soziokultur, der Stadt Hoyerswerda, dem Landkreis Bautzen und zahlreichen weiteren Stiftungen und Privatspendern.

Jens-Uwe Röhl                                                                               Uwe Proksch
Projektleiter  Hoywoy reloaded                                                  Geschäftsführer

 

ERGEBNISSE:

1. Baustein – Schauriges Mittelalter: Die Vernichtung einer Stadt
Ausgehend von historischen Fakten (Stadtrecht im 15. Jahrhundert, Konflikte mit dem Oberlausitzer Sechsstädtebund, Schleifung der Burg und deren Folgen für die Bevölkerung)
In Zusammenarbeit mit dem Schloßmuseum begannen wir an einem historischen Stadtrundgang zu arbeiten. Die Ergebnisse werden auf Stelen vor historischen Gebäuden angebracht und sollen Touristen und Einwohner zu spannenden historischen Stadtspaziergängen verleiten. Das Projekt wird vom Museum fortgesetzt.

2. Baustein: Die abgeschobene Mätresse: „Mein Volk macht mir Freude!“
historische Fakten: August der Starke, Ursula Katharina von Teschen, Theophilus Lessing der Ältere wird Stadtschreiber bzw. sein Sohn Theophilus der Jüngere (Neffe von Gotthold Ephraim Lessing)
In Zusammenarbeit mit der Theater AG des Lessing-Gymnasiums wurde mit Schülern „Nathan der Weise“ nach einer Bearbeitung von Barbara Kindermann für Kinder inszeniert und abgefilmt.
Unsere Jugendtheatergruppe „all inclusive“ beschäftigte sich mit der letzten Hinrichtung in Hoyerswerda. Das Theaterstück „Agnes H.“ wurde gemeinsam entwickelt und geschrieben.
Das internationale Straßentheaterfest der Kufa wurde mit einem Mittelalterkinderfest erweitert und mit einem Wappen & Flaggen-Zeichenwettbewerb verbunden. Teilgenommen hatten daran 10 Schulen und Kitas.

3.Baustein: Hurra, endlich Kapitalismus!
historische Fakten: 1873 Eröffnung der Eisenbahnlinie Ruhland-Hoyerswerda, 1888 Gründung der Ilse-Bergbau-Aktien-Gesellschaft, Kampf um den ersten Platz im Lausitzer Braunkohlerevier, Einzug des Kapitalismus und Steigerung der Einwohnerzahl von Hoyerswerda
Die ursprünglich in der Energiefabrik Knappenrode geplante Filmvorführung musste aufgrund von Bauarbeiten leider in die Kufa verlegt werden. Gezeigt wurden u.a. „Der junge Karl Marx“, „Ende der Eisenzeit“ und „Schicht im Schacht“ mit entsprechenden Filmgesprächen (Caren Lay, Richard Engel, Petra Kelling).
Der „20er Jahre“- Filmball der Kufa machte in satirischer Form die irrtümliche „1.000-Jahrfeier“ der Hoyerswerdaer Schützengilde von 1923 zum Thema, als nach dem verlorenen 1. Weltkrieg und harten Reparationen dringend eine identitätsstiftende Heimatveranstaltung gesucht wurde.

4. Baustein: Asche aufs Haupt: Geplanter Ethnozid!
Historischer Bezug war hier der Plan der Nationalsozialisten zum begonnenen und nur durch den Kriegsverlauf verhinderten Ethnozid an der sorbischen Bevölkerung.
Dafür gab es eine umfangreiche Recherchearbeit durch unsere Medienwerkstatt. Als Ergebnis liegt jetzt eine Stoffsammlung für eine Film/Bild/Text-Dokumentation, sowie eine aufgearbeitete Sammlung mit Unterrichtsmaterialien für zukünftige Schulprojekte zum entstandenen Kurzspielfilm „Zmij“ (Regie: Angela Schuster) vor.
Zusätzlich wurde das Thema mit einer Filmdiskussion „Sorben unter dem Nationalsozialismus“ mit kompetenten Gesprächspartnern ergänzt. In der Folge der Veranstaltung war die Kufa Medienwerkstatt maßgeblich an der Gründung eines deutsch-sorbischen Netzwerkes Lausitzer Filmschaffender beteiligt.

5.Baustein – Betonköpfe – Der blanke Verrat!
DDR Zeit, Konflikt zwischen Utopie und Realität einer „sozialistischen Zukunftsstadt Hoyerswerda“ sowie deren Hinterlassenschaften (Bildhauersymposien, gespaltene Stadt Alt – und Neustadt, Persönlichkeiten Reimann, Gundermann)
Die geplanten Interviews mit Zeitzeugen wurden als Video/Audio-Aufzeichnung gestartet und mit einer Gesprächsreihe ergänzt. Das Material wird als Dokumentation aufgearbeitet und dem Museum zur Verfügung gestellt. Passagen daraus sollen für eine theaterdokumentarische Lesung zur konfliktreichen Entstehung der Neustadt durch die Kufa-Seniorentheatergruppe „die herzogen“ verwendet werden.
Eine Filmreihe mit verbotenen DEFA-Spielfilmen (u.a.: „Wenn du groß bist Adam“, „ Flüstern und schreien“, „Klara“) gezeigt im ehemaligen Centrum Warenhaus zog zahlreiche Besucher an. Höhepunkt war die Veranstaltung: „Das war der Anfang“ mit dem Freundeskreis Kunst und Literatur. Gezeigt wurden unbekannten Dok-Filmen zum Aufbau des Gaskombinates Schwarze Pumpe, ergänzt durch literarisch, musikalische Impressionen von Brigitte Reimann und Gerhard Gundermann.
In der Medienwerkstatt entstand ein Dokumentarfilm über den 84jährigen Stadtzeichner und Chronisten des Stadtwandels Arthur Aulich.
Der von uns entwickelte Stadtspaziergang „Spur der Steine“ (von ausgewählten Gebäuden bis hin zu den zahlreich vorhandenen Stadtplastiken) wurde als kulturtouristisches Angebot durch die Touristinfo angeboten (und bereits mehrfach gebucht). Dazu erschien ein Stadtplan „Spur der Steine“ und ein mit Schülern der Körperbehindertenschule entwickelter Geocaching-Pfad wurde online gestellt.
Höhepunkt war die „Wundertüte“ mit Vorführung unbekannter historischer Filmrollen vom Dachboden des Stadtmuseums auf Wänden in Alt- und Neustadt und einem die Stadtteile verbindenden Nachtspaziergang. Die Filme wurden am 3.10. live durch ein Jazztrio aus Köln (passend zum Tag der deutschen Einheit) untermalt.

Anläßlich des 20. Todestages des Hoyerswerdaer Liedermachers Gerhard Gundermann gab es zahlreiche Aktivitäten: Einweihung des Infoterminals „Gundermanns Schaltzentrale“, Anbringen einer Gedenktafel, Plakatierungsaktion mit Liedzitaten im öffentlichen Raum, Gedenkkonzert mit den „Liedgefährten“ und dem Schauspieler und Gundermann-Darsteller Alexander Scheer.
Der Verein „Gundermanns Seilschaft“ organisierte mit unserer Unterstützung ein Symposium mit internationalen Liedermachern zum Thema „Gundis Lieder für Europa“ mit Präsentationskonzert und Herausgabe einer CD (Erscheinung 2019).
Höhepunkt hierbei natürlich die Uraufführung des Filmes von Andreas Dresen „Gundermann“ im Sommer 2018 mit den anwesenden Filmemachern.
Im November erlebten noch das Gundermann-Rockmusicals „Malwina“ in Kooperation mit der Musik- und Kunstschule Bischof in Hoyerswerda seine Wiederaufführung (6 Vorstellungen).

6. Baustein – 1991 de facto: Pogrom
Unsere kontinuierliche Beschäftigung mit den rechtsradikalen Ausschreitungen im September 1991 wurde fortgesetzt. Sowie bei der Mitarbeit an der Dokumentations-Website „Pogrom 91“
https://www.hoyerswerda-1991.de/ueber-dieses-projekt.html
als auch einer daraus folgenden Diskussionsveranstaltung „Vertragsarbeiter in der DDR“ mit Gästen aus Mosambik, die 1991 Opfer der rechtsradikalen Ausschreitungen wurden.

7. Superumbau oder Die große Schrumpfung
Schrumpfungs- und Umbau-Prozess seit der Wende und der bürgerschaftliche Kampf gegen die auftretende Lethargie
Dazu gab es unter dem Titel „Kultur in der Stadtentwicklung. Ein Arbeitstreffen“ eine Gesprächsrunde mit fünf Wissenschaftlern und Stadtforschern, welche sich seit über 15 Jahren mit Hoyerswerda auseinandersetzen (Dr. Felix Ringel, Dr. Nina Gribat, Nico Grunze, Simone Hain, Wolfgang Kil), welche aktuell an einem gemeinsamen Hoyerswerda-Buch-Projekt arbeiten. Vorgestellt und diskutiert wurde auch das Buch von Sozialanthropologe Dr. Felix Ringel “Zur Zukunft Hoyerswerdas – Ethnographische Beobachtungen“.
Die aktuelle angespannte Situation im demografischen Wandel unserer Stadt schaffte das Fotoprojekt „100 % – Menschen unserer Stadt“ bildlich überzeugend darzustellen. Präsentiert wurde die Ausstellung, welche in Zusammenarbeit mit 100 Bürgern der Stadt und dem Fotostammtisch entstand, im Lausitz-Center und der Kulturfabrik. Weitere Orte (Rathaus, KunstLandStrich, Geschäftsstelle der Wohnungsgesellschaft…) sind geplant.

8. Baustein – Bürgerschaftliches Träumen: Auszeit reloaded
Ausgangspunkt war das Kufa-Stadtprojekt „Auszeit – Nachdenken über H.“ von 2012 und damit die Überprüfung des Selbstverständnisses und einer strategischen Zukunftsausrichtung der Kufa anlässlich ihres Jubiläums 2019: 25 Jahre Kufa.
Gemeinsam mit Dr. Felix Ringel wurden die Ergebnisse des „Auszeit-Block“-Projektes von 2012 noch einmal auf ihre Umsetzung überprüft.
Die geplante Selbstbefragung des Vereines zu seinem Stellenwert in der soziokulturellen Landschaft von Hoyerswerda fand in Form einer Klausur statt. Ergebnisse dessen waren die Grundlage für eine Zukunftsplanung und die Erstellung einer Image- und Angebotsbroschüre „25 Jahre Kufa“.
Zusätzlich wurde das Projekt „Brückenschlag“ des Citymanagements von Hoyerswerda (in Kooperation mit dem Traditions- und Förderverein “Glückauf Schwarze Pumpe” e.V. und dem Gewerbering Stadtzukunft e.V.) von uns unterstützt. Gemeinsam mit der TU Darmstadt fand eine Sommerakademie in unserem Haus statt. Die Studenten arbeiteten am Thema Schrumpfung und Zukunft, Verbindung von Neu- und Altstadt. Die Ergebnisse wurden in der Orange Box der interessierten Bevölkerung präsentiert.

Zusätzlich geriet auch im Laufe des Jahres die Produktion einer Musik-CD „Hoyerswerdaer Platte“ (Initiator: Martin Rattke)mit 20 Bands, Solomusikern und Musikprojekten aus Hoyerswerda in den Baustein. Mit Hilfe eines Crowdfundings wurden die Mittel eingeworben und eine einmalige CD produziert und mit einer Record-Release-Party präsentiert. Ein einzigartiges Produkt im Rahmen der Festivitäten 750 Jahre Hoyerswerda, welches nachhaltig auch weiterhin für unsere Stadt wirbt.

9. Baustein – Eine Stadt tanzt: Manifest! Vom Leidbild zum Leitbild
„Leitbild Hoyerswerda 2030“
In unserer nunmehr sechsten Tanztheaterprojekt ‚Eine Stadt tanzt: Manifest’! erklärten 70 (tanzende) Bürger, 6 Schauspieler, 60 Sänger des Bürgerchores und der Live-Musiker Hanno Busch das neue Leitbild der Stadt zum Manifest und spielten die Umsetzung des Geschriebenen auf der Bühne durch. Die aufwendige Produktion überzeugte mit ihren künstlerischen Mitteln (Musik/Tanz/Schauspiel/Film-sequenzen), lud zur Auseinandersetzung mit dem Leitbild ein und ermutigte die Bürger, sich aktiv in den Umgestaltungsprozess der Stadt einzubringen. Die Premiere fand in Anwesenheit der Staatsministerin im SMWK Dr. Eva-Maria Stange im leerstehenden Centrum-Warenhaus statt. Fünf Vorstellungen für fast 1.000 begeisterte Besucher folgten.

(Olaf Winkler, Jens-Uwe Röhl, Uwe Proksch)

 

Das Projekt wurde gefördert:

Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
„Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes.“

Fonds Soziokultur

Stadt Hoyerswerda

Landkreis Bautzen