Neuigkeiten: 2015 – A Wall is A Screen

60 Jahre HY Neustadt
Anlässlich der Geburtstagsfeierlichkeiten begeben wir uns mit der Hamburger Künstlergruppe The Wall is a Screen auf einen filmischen Stadtspaziergang durch das Neustadtzentrum. An Häuserwänden werden 7-8 Kurzfilme verschiedener Genres zum Thema „Hoyerswerda, Stadtentwicklung und Plattenbau“ gezeigt.
Die ausgewählten Filme korrespondieren mit ihrer Umgebung und die Umgebung mit dem Film. Die Grenzen von Raum, Zeit, Film und Publikum verschieben sich und alles scheint plötzlich im Film mitzuspielen. Oder ist es umgekehrt?
Wie spannend und unterhaltsam, entdeckungsreich und ungewöhnlich so ein Abend verlaufen kann, zeigte sich schon bei seiner Hoyerswerdaer Premiere im Jahre 2014, als das Projekt durch die Altstadt, von der Zwischenbelegung in die Braugasse 1, führte.

Nun anläßlich der Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag der Hoyerswerdaer Neustadt im Herzen des Neustadtzentrums.

Kommen sie mit: Startpunkt 20 Uhr an der Lausitzhalle. Die Teilnahme ist frei.

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Die „Platte“ wird zur Kinoleinwand
Filmischer Spaziergang zu „60 Jahre Neustadt“ in Hoyerswerda stieß auf große Resonanz
Einen ungewöhnlichen Abendspaziergang durch Hoyerswerdas Neustadt haben sich mehr als 150 Einwohner am Samstag nicht entgehen lassen. Die Hamburger Künstlergruppe „A Wall is a Screen“ erklärte die Betonfassaden der Neustadt kurzerhand zur Kinoleinwand und zeigte darauf ausgewählte Kurzfilme voller Witz und Nachdenklichkeit.
Doch am meisten gehen den „Spaziergängern“ wohl die zwischen 30 und 40 Jahre alten historischen Aufnahmen aus Hoyerswerda unter die Haut. Filmbilder aus dem Jahr 1976 und aus den Achtzigern künden von den angestrengten Bemühungen ihrer Bewohner, zu einer Stadt mit Kultur, Begegnungsstätten, mit Charme und Charakter zu werden.
Manch An- und Bewohner der Neustadt staunt an diesem Abend nicht schlecht, als seine Hauswand plötzlich zum Bildschirm wird und sich zu seinen Füßen vor dem Wohnblock eine Menschenmenge versammelt. An der Straße des Friedens zeigen die Hamburger einen witzigen Trickfilm darüber, wie die Menschen und Geschehnisse in den dünnwandigen Räumen der Wohnungen ohne Absicht und Ahnung mit- und gegeneinander wechselwirken können. Das Publikum vor der Häuserfront – und auch auf den Balkonen des Wohnhauses – amüsiert sich prächtig.
Dabei hatte im Eröffnungsfilm des Abends, der an die Außentreppe der Lausitzhalle projiziert wurde, der ein oder andere Bewohner im Jahr 1976 noch mit seiner neuen Stadt gehadert. „Eine Stadt wird geboren wie ein Kind“ titelt die fast 40 Jahre alte Dokumentation, deren Existenz ein Tipp der Medienwerkstatt der Kulturfabrik (Kufa) an die Hamburger Künstler war. Manches Gesicht und so manche Aussage aus diesem Film prägen Hoyerswerda bis heute. Ein junger Martin Schmidt, Gründungsvater und bis heute Vorsitzender des Kunstvereins, beklagt, dass der Stadt Traditionen und Orte der Kultur fehlen. Doch einfach abzuwarten, bis einem alles geboten werde, sei grundverkehrt. Man muss sich selbst bemühen.
In der Kulturfabrik sieht man das heute genauso.

Anlässlich des Jubiläums „60 Jahre Neustadt“ schickten die Hoyerswerdaer Kulturmacher die Künstlergruppe „A Wall is a Screen“ in das Zentrum der Neustadt. Sieben Fassaden wurden in gut 90 Minuten zur Bühne für unterschiedlichste Perspektiven auf Themen wie Stadtentwicklung und Plattenbau. Leinwände boten neben der Lausitzhalle und den Hochhauswänden auch die Außenmauern von Musik- und Volkshochschule, dem Lausitz-Tower und der legendären Milch-Mokka-Eisbar.

Finanziert wurde der gebührenfreie Rundgang aus dem Topf des Kufa-Jahresprojektes „Abschied und Ankunft“, den der Fonds Soziokultur und die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen im Zuge der Rückkehr des Soziokulturellen Zentrums in seine frühere Heimstatt in der Braugasse 1 gefüllt haben.
Die ausgewählten Filme würden mit ihrer Umgebung und die Umgebung mit den Filmen korrespondieren, hatten die Gastgeber im Vorfeld angekündigt. Die Grenzen von Raum, Zeit, Film und Publikum würden sich verschieben. Zweifellos ist dieses Vorhaben gelungen. An jedem neuen Zwischenstopp des Kino-Spaziergangs aufs Neue.
Mit immer anderen Reizen, die die Fantasie der Zuschauer ankurbeln. Vielleicht tauchen in ihren Köpfen die bekannten Bilder der Abrissbagger auf. Sie beißen Löcher in die intakten Fassaden und machen investigativen Filmbeamern den Weg frei, damit sie den erschrockenen Bewohnern der Postmoderne durch die frischen Fassadenwunden die Wahrheit über ihr Einsiedlerdasein in die Wohnzimmerwand hämmern. Die Wirklichkeit formuliert die Botschaften diplomatischer.
Die Häuser seien von drinnen schöner als sie von außen scheinen, sagt Martin Schmidt vor 40 Jahren in der Dokumentation über Hoyerswerda. Nichts, was die Stadt außerhalb der Platten zu bieten habe, könne ihre Bewohner nach draußen locken. Dennoch wecke die Stadt eine unerklärbare Zuneigung.
„Liebe Anwohner, wir danken Ihnen für den Einblick und den Draufblick auf Ihre Wohnungen“, ruft Kufa-Chef Uwe Proksch den Zuschauern an den Fenstern und Balkonen in den Obergeschossen zum Schluss zu. Inzwischen sind die Künstler mit ihrem Projektor und der Tontechnik schon längst zum nächsten Halt und zur nächsten Hauswand weitergezogen.
Mandy Decker