Projekte Archiv: 2011 – Mitwisser gesucht

Schüler von heute wissen kaum noch etwas von den Ereignissen, die Hoyerswerda im Herbst ´91 so unrühmlich in Deutschland und darüber hinaus, bekannt gemacht hat. Dennoch müssen sie mit dem schlechten Image unserer Stadt leben. „Hoyerswerda? Ist das nicht dort, wo man die Ausländer vertrieben hat?“, wird oft gesagt, wenn sie erzählen, wo sie zu Hause sind. „Mitwisser gesucht“ ist ein Projekt der Kulturfabrik Hoyerswerda e.V. und der RAA Hoyerswerda, das es sich zum Ziel gesetzt hat, Jugendliche der Stadt mit den Ereignissen von damals vertraut zu machen und eigene Standpunkte dazu zu entwickeln. Mit verschiedenen Mitteln (Medien, Kunst, Wissenschaft) setzen sie sich mit unterschiedlichen Aspekten auseinander – so wird über die Frage des Fremdseins diskutiert, über Vorurteile, über die unterschiedlichsten Perspektiven, die zu den Ereignissen eingenommen werden können sowie die Rolle der Medien zur damaligen Zeit. Im Oktober nächsten Jahres werden die Arbeiten der Schüler in einer Ausstellung präsentiert.

Derzeit beteiligt:

Lessing-Gymnasium Hoyerswerda, Schüler der 9b
1. Mittelschule Hoyerswerda, Neigungskurs

aktueller Stand (26.1.2012)
Die neuen „Mitwisser“-Gruppen sind richtig gut angelaufen. Eine achte Klasse des Lessing-Gymnasiums sind mittendrin in der Produktion eines Films zu den Ereignissen von Herbst ´91. In kleinen Gruppen recherchieren sie die Umstände jener Zeit aus verschiedenen Perspektiven – die der Asylbewerber und Gastarbeiter, der Hoyerswerdaer Bevölkerung,  der Medien, der Stadtoberen und Politiker sowie der rechten und der linken Szene.
Jeden Mittwoch machen sie sich unter der Leitung von Dirk und Hans (Medienwerkstatt der Kufa) hochmotiviert ans Werk.
Schüler der 9b des Lessing-Gymnasiums sind gerade dabei unter der Leitung von Katharina Elle einen Geocaching-Pfad in Hoyerswerda zu installieren, der sich mit den Orten der damaligen Ereignisse befasst und zu Orten führt, an denen aktiv etwas getan wird für eine positive Wahrnehmung der Stadt.
Unsere „Mitwisser“Gruppe von der 1. Mittelschule, die sich mit dem Stadtimage befasst und ein  Hör-Feature produzieren, hat unter der Leitung von Christian  Völker mittlerweile auch ihre Scheu verloren und übt sich fleißig im Interviewen. So haben sie beispielsweise am Montag einen Termin bei den Verkehrsbetrieben, um dort der stetigen Frage nach der Schülermobilität nachzugehen. (Katharina Elle)

Das „Fenster 91“ als Erinnerung

Hoyerswerda 50 Schüler haben sich über Monate mit den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Hoyerswerda befasst. Die Ergebnisse ihrer in fünf inhaltlich unterschiedlichen Gruppen entstandenen Arbeiten werden jetzt in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße 4 in Hoyerswerda im Rahmen der Ausstellung „Fenster 91“ gezeigt.

Die Veranstaltung war das Ergebnis des Projektes „Mitwisser gesucht“, das von Katharina Elle, Leiterin der kulturellen Kinder- und Jugendbildung der Kufa, und Jana Arlt angeregt und umgesetzt wurde. Die Jugendlichen vom Johanneum, dem Lessing-Gymnasium und von der 1. Mittelschule Hoyerswerda führten Interviews, zeigten einen Film und beschäftigten sich mit der Frage: Wie könnte ein Denkmal aussehen, das an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen erinnert? Das Thema ist brisant, das hätten die Recherchen bewiesen, so Jana Arlt. Die Nachforschungen seien schwierig gewesen. Die Schüler hätten sich Antworten anhören müssen wie „Wir haben damit nichts zu tun“ oder „Vergesst das doch einfach“.

Dass sie nicht vergessen, sondern aufarbeiten und für Toleranz werben wollen, zeigen Sätze wie die von Sarah-Loreen Krüger. Die Teilnehmerin des Projekts hat festgehalten: „Die Arbeitsgruppe war reich an wichtigen Fakten und interessanten Informationen, die Ereignisse von 1991 waren schockierend.“

Klaas Wiesma vom Johanneum begründete die Notwendigkeit eines Denkmals. Das Thema dürfe nicht in Vergessenheit geraten und man könne aus seinen Fehlern lernen: „Wir wollen die Personen nicht verurteilen.“ Für die Zukunft lernen bedeute, dass sich Menschen ändern könnten, so Wiesma.

Der Pfarrer der Kirchengemeinde Hoyerswerda-Neustadt, Jörg Michel, betonte, dass es wichtig sei, sich mit der Geschichte der Stadt auseinanderzusetzen. Am Sonnabend, 22. September, ist ab 14 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz eine Demonstration unter dem Motto: „Rassismus tötet“ geplant. Sie soll an die Ausschreitungen im Jahre 1991 erinnern. Michel betonte, dass die Ausstellung „Fenster 91“ zugleich der Höhepunkt der Interkulturellen Wochen in Hoyerswerda sei. Im Rahmen der Aktionen ist am morgigen Donnerstag, 20. September, um 10 Uhr eine Veranstaltung in der Kinder- und Jugendfarm zum Thema Afrika geplant. Am Montag, dem 24. September, fahren Kinder aus Hoyerswerda zusammen mit Sozialarbeitern nach Kamenz ins Asylbewerberheim, um mit den dort lebenden ausländischen Kindern einen gemeinsamen Nachmittag zu verbringen. Am Mittwoch, dem 26. September, ist im Spielhaustreff Hoyerswerda in der Heim Straße/Ecke Schweitzer Straße ein gemeinsamer Nachmittag mit Bewohnern der Stadt sowie Kindern mit ihren Eltern aus dem Asylbewerberheim aus Kamenz geplant.

Zum Thema:

Die Ausstellung kann bis zum 30. September nach telefonischer Anmeldung (03571 9749049) besichtigt werden. Am Sonnabend, 29. September, ist zudem in der Zeit von 14 bis 18 Uhr ein Tag der offenen Tür geplant. Die Ausstellung „Fenster 91“ ist auch Auftakt für das vom Verband der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und der Regionalen Arbeitsstelle für Demokratie (RAA) mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 begonnene Projektes „Wider das Vergessen“. Es geht dabei um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und um das Gedenken an die NS-Opfer. Fll

http://www.youtube.com/watch?v=QONGwTuFRlE