2011 – „Machtspiele“
Wie viel Radikalismus verträgt unsere Gesellschaft?
Mit dieser Frage beschäftigt sich die Jugendtheatergruppe „mitohnealles“ der Kulturfabrik (KuFa) Hoyerswerda.
Im September 2011 brachte sie im Rahmen der interkulturellen Woche das selbst geschriebene Theaterstück „Machtspiele“ auf die Bühne. Es entstand 2007 als Teil des Projektes »Dritte Stadt« der KuFa und fußt auf Recherchen der damaligen Theater-Gruppe zu den Pogromen im Jahr 1991 in Hoyerswerda. Das Stück könnte aber auch woanders spielen. Es geht darum, wie ein Mensch zu seiner Überzeugung kommt, wie viel Radikalismus unsere Gesellschaft verträgt und wie die Öffentlichkeit mit den Anhängern solchen Gedankengutes umgeht.
Für ihr Engagement erhielt die Theatergruppe den Preis der Ausländerbeauftragetn des Landkreis Bautzen.
Lausitzer Rundschau Hoyerswerda, 30.09.2011
„Machtspiele“ bringt Publikum ins Grübeln
„Das war nah dran an der Realität“, lobte Sabine Kopischke von der Initiative Zivilcourage die Jugendtheatergruppe „mitohnealles“ der Kulturfabrik. Diese hatte in ihrem Stück „Machtspiele“ den Umgang einer Familie mit gesellschaftlichen Problemen dargestellt.
„Die Geschichte entstand 2006 nach Recherchen der damaligen Jugendtheatergruppe zu den ausländerfeindlichen Ereignissen 1991, ist aber in Ort und Zeit bewusst nicht an Hoyerswerda gekoppelt, erklärte Regisseur Christian Völker.
Im Stück wird eine „normale“ Familie mit der Eröffnung eines Asylbewerberheims in ihrer Straße konfrontiert und muss nun gegen ihren Willen dazu Stellung beziehen. Während die Tochter (Janine Kipar) die ausländischen Mitbürger akzeptiert und die Mutter (Julia Kieschnick) die Gewalt der rechtsgerichteten Jugendlichen gegen das Heim ablehnt, steht der Vater (Christian Völker) auf dem Standpunkt: „Das geht uns nichts an.“
Als aber ein Nachbarjunge blutend vor Kaminskis Tür steht, ist die Familie plötzlich mittendrin in dem Konflikt. Die Mutter will dem Verletzten helfen, doch bald ist klar, der Junge (Christopher Feix) ist Nazi und versteckt sich in der Wohnung vor der Polizei. Damit die Familie ihn nicht verraten kann, nimmt er sie kurzerhand als Geiseln. Nachdem die Polizeipsychologin (Yuthamas Kampoh) den Täter im Gespräch durch die geschlossene Tür nicht zum Aufgeben bewegen kann und in der Wohnung ein Schuss fällt, wird die Wohnung von bewaffneten Kräften gestürmt und der Nazi festgenommen.
Um die Wirkung der spannenden Geschichte auf die Zuschauer noch zu erhöhen, wurde sie in einem kleinen Raum neben der Kufa-Bühne aufgeführt. Das vermittelte die Atmosphäre einer Hochhaus-Wohnung, die die meisten Zuschauer kennen.
Leider war kaum Jugend unter dem Publikum. Jennifer Fuhrmann vom Berufsschulzentrum „Konrad Zuse“ fand das Stück trotzdem gut, bemängelte aber, dass ihre Schule über die Veranstaltung nicht informiert hatte. Die Schlussszene der Aufführung, wo der Vater seiner Tochter erklärt, warum er als damals Arbeitsloser die Ausschreitungen hat geschehen lassen, brachte die Zuschauer zum Nachdenken darüber, welche Ursachen solche Ereignisse haben und wie sie verhindert werden können.
Sabine Kopischke meinte, es muss die „Das-geht-mich-nichts-an-Mentalität“ aufgebrochen werden. „Da wundert sich vielleicht der andere, aber er beginnt, über das Warum nachzudenken“, sagte Christian Völker. Die Seniorin Ilona Helbig hofft, dass „in den Köpfen was angekommen ist von damals“, damit sich Ereignisse wie 1991 nicht wiederholen.
Von Katrin Demczenko