Tanzprojekt zu Gast in Irland

Hoyerswerdaer Projekt begeistert in Nordirland

Belfast
Filmemacher Dirk Lienig hatte am Freitag zahlreiche Fragen zu beantworten. Im irischen Kulturzentrum „McAdam O´Fiach“ in Belfast war soeben seine Dokumentation über das von ihm im ersten Halbjahr initiierte Tanzprojekt zu sehen gewesen.

„Ein erstaunliches Stück – sehr kraftvoll mit einer großen spirituellen Dimension. Ich hätte nicht gedacht, dass keiner der Tänzer ein Profi ist“, meinte die irische Sängerin Mary Ryan. Andrea Theis, eine in Irland lebende deutsche Künstlerin wollte wissen, wie die KuFa die 70 Tänzer gefunden hat. Andere Zuschauer interessierte die Finanzierung des Projektes, Lienigs persönlicher Hintergrund oder auch die Frage, wie viele Filmstunden zusammen gekommen sind.

Der erstaunliche Gedankenaustausch im abendlichen Nordirland ist Philip Campbell zu verdanken. Der irische Fernsehproduzent lebt seit einiger Zeit abwechselnd in seiner Heimat und in Hoyerswerda, wo seine Frau Jane aufwuchs. Im Sommer half er Dirk Lienig bei den Filmarbeiten zu „Hoyerswerda lebt! Eine Stadt tanzt II“ und war dabei auch an Irland und seine schmerzvolles, zunächst britisch fremdbestimmtes und bis heute geteiltes Geschick erinnert. Schließlich war gleich der erste Teil des Tanzstückes mit dem Wort „Schmerz“ überschrieben und Philip Campbell fand die Art, wie die Hoyerswerdaer damit umgehen, beispielhaft auch für Irland. Also lud er Dirk Lienig ins Kulturzentrum nach Belfast ein, wo auch seine Produktionsfirma „Tobar“ sitzt. Zwölf der Tänzer flogen übers Wochenende mit auf die grüne Insel.

Nach der Vorführung am Freitag waren sie durchaus beeindruckt von der Wissbegier der Besucher des „Culúrlann“, die tatsächlich die von Philip Campbell entdeckten Parallelen bestätigten. Als beispielsweise vor Beginn der Veranstaltung Tänzerin Ramona Schauer einem Pärchen vom wirtschaftlichen Niedergang Hoyerswerdas in den letzten zwanzig Jahren berichtete, antwortete der Mann knapp: „Ja, wie in Belfast.“ Die Frage „Kann man das irgendwann noch einmal sehen?“ der 79-jährigen Noelle Ryan kam nicht von ungefähr. Der Anfangsschmerz des Stückes erinnerte sie an den eigenen: „Es gibt hier unter jungen Leuten wegen deren Perspektivlosigkeit eine sehr, sehr hohe Selbstmordrate.“ Auch Noelle Ryan hat so Bekannte verloren und glaubt, dass ein Tanzprojekt womöglich etwas helfen könnte. Philip Campbell denkt darüber nach, für einen Film Protestanten und Katholiken in Belfast beidseits der sogenannten Friedensmauern tanzen zu lassen, die deren Wohnviertel bis heute trennen.

Mirko Kolodziej (Sächsische Zeitung)